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Versuchszentrum Laimburg: Samurai-Wespe erfolgreich freigesetzt. Biologische Lösung zur Bekämpfung der Marmorierten Baumwanze

Die Freisetzung der Samurai-Wespe am Versuchszentrum Laimburg

Die Marmorierte Baumwanze verursacht in vielen Ländern beträchtliche Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen. Um den Schädling unter Kontrolle zu bringen, hat das Versuchszentrum Laimburg nun mit der Freisetzung der Samurai-Wespe begonnen, einem „natürlichen Gegenspieler“ der Baumwanze. Anlässlich des Beginns der Freisetzung hat am Donnerstag, 25. Juni 2020, am Versuchszentrum Laimburg ein Pressetermin mit Agrarlandesrat Arnold Schuler stattgefunden. 

Seit ihrem ersten Auftreten in Südtirol 2016 beschäftigen sich die Entomologen des Versuchszentrum Laimburg mit der Marmorierten Baumwanze (Halyomorpha halys), um eine effiziente Strategie zur Regulierung des Schädlings zu entwickeln. In ihrem Ursprungsgebiet in Asien wird die Marmorierte Baumwanze von der Samurai-Wespe (Trissolcus japonicus) in Schach gehalten, die die Eigelege der Baumwanze parasitiert und damit verhindert, dass diese sich vermehren kann. Dieser natürliche Gegenspieler wird seit 2019 auch in Südtirol beobachtet und soll nun gezielt eingesetzt werden, um die Baumwanze unschädlich zu machen und weitere Schäden in der Landwirtschaft zu verhindern. Darum hat das Versuchszentrum Laimburg als offiziell für Nachzucht des Parasiten in Südtirol beauftragte Institution nun mit der gezielten Freisetzung der Samurai-Wespe begonnen, um die Parasitierung zu beschleunigen. 

 

„Die Marmorierte Baumwanze stellt eine Gefahr für unsere landwirtschaftlichen Kulturen in Südtirol und die heimische Agrarwirtschaft dar“, erläuterte Agrarlandesrat Arnold Schuler. „Dieses Problems haben wir uns sofort angenommen und die Experten am Versuchszentrum Laimburg mit der Mission betraut, den Schädling zu untersuchen und eine Strategie zu dessen Regulierung zu entwickeln. Nun haben wir Grund zur Hoffnung: Die Freisetzung und gezielte Ansiedlung der Samurai-Wespe ist vielversprechend, um die Baumwanze auf natürliche Weise zu bekämpfen und größere Schäden in unseren Obstwiesen zu verhindern. Die Bekämpfung von Schädlingen durch natürliche Gegenspieler ist Teil unserer Strategie, unsere Landwirtschaft noch nachhaltiger für alle Beteiligten – Bevölkerung, Landwirte, Fauna und Flora – zu gestalten“, erklärte Schuler. 

„Ziel unserer angewandten Forschung am Versuchszentrum Laimburg auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes ist es, nachhaltige Strategien zum Schutz unserer Kulturpflanzen und Alternativen zu chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln zu entwickeln, unterstrich der Direktor des Versuchszentrums Michael Oberhuber. „Mit der nun begonnen Freisetzung der Samurai-Wespe fahren wir eine biologische und damit nachhaltige Strategie zur Regulierung der Baumwanze, indem wir uns gezielt ihres natürlichen Gegenspielers, der Samurai-Wespe, bedienen. Die Expertise unserer Experten auf dem Gebiet der invasiven Schädlinge hat hier zu wichtigen Weichenstellungen auf nationaler Ebene geführt und die gute Zusammenarbeit mit unseren Partnerinstitutionen auf lokaler, nationaler und auch internationaler Ebene hat Früchte getragen. Dies ist ein bedeutender Schritt und ein großer Erfolg für unsere Forschung im Dienste der Südtiroler Landwirtschaft, betonte Oberhuber.

 

Eine nachhaltige Pflanzenschutzstrategie

„Um eine wirksame Strategie zur Bekämpfung der bisher hierzulande nicht bekannten Wanze entwickeln zu können, mussten wir erst einmal die Biologie der Wanze ergründen und deren Verhalten in unserem Gebiet und unter den hier herrschenden klimatischen Bedingungen untersuchen“, betonte Silvia Schmidt, Expertin für invasive Schädlinge am Versuchszentrum Laimburg. Auf der Grundlage der gewonnen Erkenntnisse wurden – auch von anderen Institutionen auf lokaler, nationaler und internationale Ebene – verschiedene Maßnahmen zur Regulierung des Schädlings erprobt, wie die Einnetzung mit Insektenschutznetzen oder der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel. 

„Langfristig sind jedoch nachhaltigere Strategien notwendig und wünschenswert. Darum haben wir entschieden, uns auf die Bekämpfung der Baumwanze durch parasitoide Gegenspieler und die biologische Bekämpfung durch die Samurai-Wespe zu konzentrieren. Wir erwarten uns nun, dass sich die Wespe nach der Freisetzung hier ansiedelt und zusammen mit anderen autochthonen Parasitoiden die Marmorierte Baumwanze regulieren kann und sich damit längerfristig ein natürliches Gleichgewicht zwischen Schädling und Gegenspieler einstellt“, erklärte Silvia Schmidt.

 

Wie die Freisetzung der Samurai-Wespe funktioniert

Um die Samurai-Wespe erfolgreich freisetzen und damit ihre Ansiedelung in Südtirol fördern zu können, muss das Insekt erst einmal nachgezüchtet werden. Dies ist seit Mai 2020 in Italien erlaubt und wird vom nationalen Pflanzenschutzdienst und vom nationalen Forschungsinstitut CREA (Consiglio per la ricerca in agricoltura e l’analisi dell’economia agraria) koordiniert. Für die Autonome Provinz Bozen – Südtirol ist das Versuchszentrum Laimburg mit der Nachzucht der Samurai-Wespe zwecks biologischer Regulierung der Marmorierten Baumwanze beauftragt worden. 

In den entomologischen Labors am Institut für Pflanzengesundheit des Versuchszentrums werden Baumwanzen gezüchtet, damit diese Eigelege produzieren, die die Samurai-Wespe parasitieren und sich so vermehren kann. Je mehr Eier der Marmorierten Baumwanze zur Verfügung stehen, umso größer die Anzahl vermehrter Parasitoide, die zur Bekämpfung der Marmorierten Baumwanze im Feld freigesetzt werden können. 

Für die Freisetzungen haben die Experten des Versuchszentrums 42 geeignete Standorte in ganz Südtirol ausgewählt. Die Standorte befinden etwa in der Nähe von Obstanlagen, an Hecken, aber auch im urbanen Bereich (Straßenränder, Alleen), wo verschiedene Pflanzenarten wachsen, die der Marmorierten Baumwanze als Wirtspflanzen dienen. Ziel ist es, möglichst alle von der Marmorierten Baumwanze aufgesuchten Habitate abzudecken. 

Mit einem Dekret vom 9.6.2020 erlaubt das italienische Umweltministerium die Freisetzung der Samurai-Wespe für zunächst ein Jahr. Die Experten des Versuchszentrums Laimburg haben am 22. Juni mit den Freisetzungen begonnen. Den Erfolg der Freisetzungen w werden die Experten des Versuchszentrums Laimburg mittels regelmäßiger Kontrollen genau monitorieren. Ab Mitte August werden alle an den Standorten der Freisetzung aufgefundenen Eigelege der Marmorierten Baumwanze im Labor analysiert, um die Parasitierungsrate zu ermitteln und die Interaktion zwischen Baumwanze und Samurai-Wespe zu untersuchen.

 

Hintergrund: Der Weg zur Freisetzung 

Die Freisetzung nicht-heimischer Arten kann für das lokale Ökosystem nicht vorhersehbare Folgen haben und muss folglich unter größter Vorsicht erfolgen. Darum hat das italienische Umweltministerium mögliche Konsequenzen einer Freisetzung genau geprüft und bewertet. Ein am 5. September 2019 veröffentlichtes Dekret des Präsidenten der Republik (Nr. 102 vom 5. Juli 2019) erlaubt die Einführung nicht-heimischer Arten wie der Samurai-Wespe (Trissolcus japonicus) und deren Einsatz zur Schädlingsbekämpfung.

Im Auftrag des italienischen Landwirtschaftsministeriums haben der nationale Pflanzenschutzdienst und das nationale Forschungsinstitut CREA (Consiglio per la ricerca in agricoltura e l’analisi dell’economia agraria) ein Dossier über die Samurai-Wespe zusammengestellt, in welches auch Daten des Versuchszentrums Laimburg einflossen. „Bei der Samurai-Wespe handelt es sich um einen ca. 2 mm kleinen eierfressenden Parasitoiden, der die Eigelege der Marmorierten Baumwanze parasitiert. Er legt seine Eier in den Eigelegen der Baumwanze ab und hindert diese so daran, sich zu vermehren. Die Samurai-Wespe erreicht hohe Parasitierungsraten (90 %) an Eigelegen der Marmorierten Baumwanze, weist eine relativ kurze Entwicklungszeit auf, kann sich gut an kältere Temperaturen anpassen und parasitiert andere Wanzenarten nur ganz minimal“, erklärt Expertin Martina Falagiarda, die die Zucht der Samurai-Wespe am Versuchszentrum Laimburg leitet. 

Das CREA lieferte Eigelege und Adulttiere der Samurai-Wespe zur Vermehrung an die dazu ermächtigten regionalen Forschungsinstitutionen – wie das Versuchszentrum Laimburg für Südtirol – aus. Parallel dazu wurde auf Initiative des italienischen Landwirtschaftsministeriums ein nationales Komitee zusammengestellt, an dem auch die Experten des Versuchszentrums Laimburg und des Pflanzenschutzdienstes Bozen teilnahmen. Das Komitee erstellte ein Protokoll, das die Vermehrung und Freisetzung der Wespe regelt. Die offizielle Autorisierung zur Freisetzung der Wespenart wurde am 9. Juni 2020 vom Umweltministerium erlassen.  

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