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Neue Erkenntnisse zur Unterstützung der Südtiroler Weinbauern: Aktuelle Weinbauversuche des Versuchszentrums Laimburg in Piglon präsentiert

Südtirols Weinbauern sind mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert: die klimatischen Verhältnisse ändern sich, die Ernte wird durch Krankheiten und neue Schädlinge bedroht. Aufgabe des Versuchszentrums Laimburg ist es, die Praxis mit Erkenntnissen aus der Forschung zu unterstützen. Darum hat das Versuchszentrums Laimburg am Donnerstag, 30. Juli 2020 zu einer Besichtigung aktueller Weinbauversuche am Betrieb Piglon in Pfatten eingeladen.

Experten des Versuchszentrums Laimburg stellten am Betrieb Piglon in Pfatten aktuelle Versuche im Weinbau vor. ©VZL

Über 100 interessierte Weinbauern, Techniker, Berater, Önologen waren der Einladung des Versuchszentrums Laimburg gefolgt, sich am Donnerstag, 30.07.2020 über aktuelle Weinbauversuche des Versuchszentrums am Betrieb Piglon in Pfatten zu informieren. Behandelt wurden einerseits verschiedene Fragestellungen des Pflanzenschutzes wie pilzwiderstandsfähige Sorten, Peronospora oder aus aktuellem Anlass die Goldgelbe Vergilbung (Flavescence dorée). Anderseits ging es um weinbauliche Maßnahmen wie verschiedene Schnittmethoden und die Auswirkungen weinbaulicher Maßnahmen auf die Weinqualität.
Die Experten der Fachbereiche „Weinbau“ und „Pflanzenschutz“ sowie der Arbeitsgruppe „Ökologischer Anbau“ gaben interessierten Weinbauern und Beratern Einblick in ihre Tätigkeiten und erläuterten verschiedene zurzeit laufende Versuche.
„Unser Anliegen ist es zu aktuell brennenden Themen wie etwa der Goldgelben Vergilbung und anderer Pflanzenschutzthemen Stellung nehmen, um unsere Weinbauern über den derzeitigen Kenntnisstand zu informieren und ihnen zu erklären, in welche Richtung unsere Versuchstätigkeiten gehen“, betonte die Leiterin des Fachbereichs Weinbau Barbara Raifer: „Es ist uns wichtig, unsere aktuellen Versuche an einem Zeitpunkt zu präsentieren, an dem zumindest zum Teil die unterschiedliche Entwicklung von Versuchsvarianten sichtbar ist und sich die Praktiker selbst ein Bild machen können. Bei den reifeverzögernden Schnittmaßnahmen sieht man die Entwicklungsunterschiede besonders gut. Auch bei den teilresistenten Rebsorten bekommt man jetzt einen besonders guten Eindruck von den Sorten, vom Reifezeitpunkt, der Resistenz und den Ertragseigenschaften.“
Die Versuchsvorstellung ermöglicht es also Praktikern und Technikern einen näheren Einblick in die Tätigkeiten des Versuchszentrums Laimburg zu erhalten. Durch den direkten Kontakt zwischen Versuchsanstellern und Praktikern können Beobachtungen und neue Erkenntnisse fruchtbringend ausgetauscht werden.
Die Besichtigung aktueller Versuche im Weinbau wird seit 2018 angeboten. Nach der Erstausgabe am Betrieb Piglon 2018 fand die Begehung 2019 am Ölleitenhof in Kaltern statt. Auch für 2021 ist wieder eine erneute Versuchsvorstellung geplant, die dann vermutlich in Plantadisch oder Trifall in Kaltern stattfinden wird.

Die Goldgelbe Vergilbung – aktuelle Situation, Gefahren und Maßnahmen
Aus aktuellem Anlass zeigte Fabian Pernter vom Amt für Obst- und Weinbau den Stand der Verbreitung der Goldgelben Vergilbung (Flavescence dorée) auf. Dabei handelt es sich um eine gefährliche Rebkrankheit, die ihrer Aggressivität und epidemischen Ausbreitung wegen als Quarantänekrankheit gilt. Verursacht wird sie durch Phytoplasmen, die von der Amerikanischen Rebzikade (Scaphoideus titanus) übertragen werden. Seit dem Jahr 2018 ist die Krankheit auch in den Südtiroler Rebanlagen immer weiter auf dem Vormarsch. 2020 wurden bereits neben zahlreicher Fälle der Schwarzholzkrankheit (Bois noir) auch in neun Fällen die Goldgelbe Vergilbung im Südtiroler Unterland nachgewiesen. Der Pflanzenschutzdienst der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol überwacht zusammen mit dem Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau und dem Versuchszentrum Laimburg die Goldgelbe Vergilbung wie auch andere Vergilbungskrankheiten der Rebe in allen Südtiroler Weinbaugebieten. „Eine weitere flächendeckende Ausbreitung der Goldgelben Vergilbung muss in jedem Fall verhindert werden, um die Schäden für den Südtiroler Weinbau in Grenzen zu halten“, unterstrich Pernter. Die Meldung von Verdachtsfällen ist gesetzlich vorgeschrieben. Nur durch konsequentes Roden befallener Rebstöcke sowie der Bekämpfung des Überträgerinsekts wird eine Eindämmung der Goldgelben Vergilbung in Südtirol möglich sein“. Darüber hinaus müssen Biologie und Verhalten des Überträgerinsekts genau erforscht werden, um darauf aufbauend eine wirksame Strategie zu dessen Regulierung entwickeln zu können.

Falscher Mehltau (Peronospora)
Der Peronospora-Pilz ist ein der Erreger, die im Weinbau am meisten Schaden anrichten können. Infolge veränderter Rahmenbedingungen (Limitierungen bei der Mittelwahl und beim Kupfereinsatz, Aggressivität des Erregers, etc.) bedarf es neuer Strategien, um einen nachhaltigen und effizienten Pflanzenschutz zu betreiben. Gerd Innerebner, Leiter der Arbeitsgruppe „Mittelprüfung“, stellte die Ergebnisse von Freilandversuchen zum Einsatz kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel vor, zeigte Stärken und Schwächen der Mittel auf und erklärte, durch welche Mischungspartner eine Wirkungssteigerung möglich ist. „Die Frage nach der notwendigen Kupfermenge ist noch nicht abschließend beantwortet“, sagte Innerebner. „Je nach phänologischer Phase erreicht man schon mit niedrigen Dosierungen eine gute Wirkung. Was die Dauerwirkung betrifft, haben chemisch-synthetische Wirkstoffe allerdings klar die Nase vorn“.
Es ist bekannt, dass Niederschlag die Entwicklung der Rebperonospora fördert. Hier setzte ein Versuch der Arbeitsgruppe „Ökologischer Anbau“ im Rahmen des Projekts Domino (Finanzierung: CORE Organic COFUND-Programm) an. Ewald Lardschneider stellte ein Abdecksystem im Weinbau vor, welches die Rebe vor Regen schützen und somit einem Befall durch den Erreger Plasmopara viticola vorbeugen soll. Auf diese Weise, so die Hoffnung, könnte der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich verringert werden. „Unsere mehrjährigen Versuche zeigen, dass das Dachsystem den Befall durch Plasmopara viticola deutlich verringern kann“, berichtete Lardschneider. „Mit dem derzeitig eingesetzte Abdecksystem ist man jedoch noch nicht imstande den Befall über die gesamte Vegetationsperiode hinweg ausreichend gut unter Kontrolle zu bekommen.“ Darum werden die Experten künftig untersuchen, wie man das Abdecksystem so weit verbessern oder mit anderen Regulierungsstrategien kombinieren kann, dass es für den praktischen Einsatz interessant wird.


PIWI-Sorten, Pilzwiderstandsfähige Neuzüchtungen
Das Problem beim Schopfe packen und die genetischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Rebsorten erst gar nicht oder nur schwer von Pilzkrankheiten befallen werden können und somit auch nur geringe Pflanzenschutzmaßnahmen erfordern – das ist der Gedanke hinter der Züchtung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten, der sog. „PIWIs“. In vielen Weinbauregionen wurden Züchtung und Anbau pilzwiderstandsfähiger Rebsorten in den letzten Jahren intensiviert. Die Arbeitsgruppe „Rebsorten und Pflanzgut“ prüft den Anbauwert von Sorten mit erhöhter Widerstandsfähigkeit gegenüber den Pilzkrankheiten Echter und Falscher Mehltau in einer Versuchsanlage mit rund 30 unterschiedlichen PIWI-Sorten. „Das Verhalten der Sorten am Standort Piglon ist recht unterschiedlich; zum einen ist die Lage für Weißweinsorten nicht sonderlich geeignet, zum anderen haben wir einen sehr hohen Befallsdruck“, stellte der Leiter der Arbeitsgruppe Josef Terleth fest. „In unseren Versuchen findet sich keine Sorte, die absolut resistent ist und ohne Pflanzenschutz auskommen würde. Daher sollte für jede PIWI-Sorte zumindest ein minimaler Pflanzenschutz vorgesehen werden“, resümierte Terleth die aktuellen Erkenntnisse.


Maßnahmen zur Verzögerung des Rebaustriebs
Die Klimaänderung stellt den Weinbau vor verschiedene Herausforderungen: Auf der einen Seite können Spätfröste enorme Schäden verursachen, andererseits kann die mit der Klimaerwärmung einhergehende frühere Reife zu Problemen führen. Vor diesem Hintergrund stellte Arno Schmid, Experte für Technik im Weinbau, einen Versuch vor, in dem verschiedene Schnittvarianten wie der späte Rebschnitt oder der Minimalschnitt untersucht werden, die einerseits gegen Spätfroste und andererseits auch zur Verzögerung der Reife eingesetzt werden können. „Die ersten aussagekräftigen und wissenschaftlich abgesicherten Ergebnisse erwarten wir uns in ein bis zwei Jahren, da die Rebe aufgrund der Umstellung im Schnitt einige Zeit benötigt, um sich anzupassen“, erklärte Schmid. Danach möchten die Experten des Versuchszentrums auch untersuchen, wie sich die einzelnen Schnittvarianten auf die spätere Qualität des Weins auswirken.


Hagelschäden und Weinqualität
Eine andere klimabedingte Herausforderung für Weinbau- und Kellereibetriebe liegt in Hagelereignissen. Das Entfernen der durch Hagel verletzten Beeren ist für die Betriebe mit einem extremen Arbeitsaufwand verbunden. Wie hagelgeschädigte Trauben die Weinqualität beeinflussen und verändern, haben Arno Schmid, Experte für Technik im Weinbau und Christoph Patauner, Leiter der Arbeitsgruppe „Weinbereitung in Anbaufragen“ in einem gemeinsamen Versuch untersucht: In randomisierten Blöcken wurde Hagel simuliert. Dazu werden umfangreiche agronomische Erhebungen und Weinausbauten durchgeführt. „Die ersten aussagekräftigen Ergebnisse werden wir 2021 erhalten, sobald die Weine der Jahrgänge 2019 und 2020 vom Verkosterpanel sensorisch bewertet wurden“, prognostizierte Patauner.


Das Versuchszentrum Laimburg
Das Versuchszentrum Laimburg ist die Forschungsinstitution für die Landwirtschaft und Lebensmittelqualität in Südtirol. Das Versuchszentrum Laimburg betreibt vor allem angewandte Forschung mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Südtiroler Landwirtschaft zu steigern und die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zu sichern. Über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten jährlich an etwa 350 Forschungs- und Versuchsprojekten aus allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, vom Obst- und Weinbau bis hin zu Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologie. Das Versuchszentrum Laimburg wurde 1975 gegründet.

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